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Erfahrungsbericht zu einer Übung der Denkmalpflege

im SS 2003 mit Exkursion nach Vogtsburg/Burkheim

Doris Jacobs, Friedrich Jacobs

Denkmalpädagogik - Denkmalkommunikation

 


"Was ist ein Denkmal?" - Jede Generation stellt diese Frage aufs Neue und beantwortet sie unterschiedlich. Aber ist das die Frage, die den Umgang mit dem Denkmal, seine Bedeutung und Notwendigkeit tatsächlich erfasst? Mindestens ebenso dringend wie die Diskussion um das Was sind Antworten auf das Wozu. Die fachinternen Diskussionen der Denkmalpflege, das Missverhältnis von Leistung und Ansehen der Denkmalpflege, gesellschaftliche Bedürfnisse nach Orientierung, Identitätsbildung, dynamischem Umgang mit Tradition, kreativen Lösungen für anstehende Probleme fordern die Änderung der Fragestellung. Gesucht wird auch eine Antwort auf die Fragen "Was leistet ein Denkmal, wo liegen seine Stärken, individuelle und gesellschaftliche Bewusstseinsprozesse in Gang zu setzen; wie können sie entschlüsselt werden?"

Museen sind in diesen Fragestellungen der Denkmalpflege einen Schritt voraus. Themenkreise wie Museumskunde, Museumspädagogik, Museologie sind seit geraumer Zeit in Ausbildungsstränge integriert, ihre Bedeutung wohl kaum noch in Zweifel zu ziehen. Absicht eines Lehrauftrags am Kunsthistorischen Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (WS 2002/03 und SS 2003) war es, für die Denkmalpflege in dieser bislang vernachlässigten Frage Impulse zu geben und im Bereich der Vermittlungs- und Kommunikationsaufgabe "Denkmal" voran zu kommen. Dazu wurden Ergebnisse der Museumspädagogik für das Denkmal nutzbar gemacht. Von der Diskussion erfolgreich verlaufender Kommunikationsprozesse wurden Vorteile für den Imagegewinn der Denkmalpflege abgeleitet und über die Ausleuchtung des wirtschaftlichen Nutzens hinaus Chancen für die wertschätzende Verankerung des Denkmals und die Beschäftigung mit ihm im gesellschaftlichen Bewusstsein erkannt.

Denkmale werden im öffentlichen Interesse geschützt und bewahrt. Dieser gesetzliche Auftrag verpflichtet , das öffentliche Interesse ernst zu nehmen, den Bedürfnissen der Öffentlichkeit und des potentiellen Denkmalpublikums nachzugehen. Dazu ist das Potential von Denkmalen zu entschlüsseln, das in einzigartiger Weise geeignet ist, auf existierende gesellschaftliche wie individuelle Bedürfnisse zu reagieren und Entwicklungschancen wahr zu nehmen.

Die Vermittlung baukünstlerischer wie denkmalpflegerischer Inhalte an Einzelpersonen (Interessierte, Besitzer von Objekten etc.) oder Gruppen ist weit über touristische Führungen oder leicht konsumierbare Beiprogramme zu Tagungen hinaus ein Reservoire an Erfahrungen zum Aufbau und zur Erweiterung von Bewusstsein in der Sensibilisierung für gegenständliche, gebaute aber auch soziale Umwelt und den Umgang und das Leben mit ihr. So wird die Auseinandersetzung mit historischer Architektur zum Lernfeld über den Gegenstand Denkmal, aber darüber hinaus zum Experimentierfeld für die Steigerung sinnlicher Wahrnehmung, (an)fassbarer Erfahrung historischen Wandels, zu einem ernst zu nehmenden Spiel- und Übungsfeld der sozialen Kreativität.

Kommunikationskonzepte lehren, dass nur dann von einem gelungenen Verständigungsprozess die Rede sein kann, wenn alle Elemente an einem solchen Prozess gebührende Berücksichtigung finden. Das bedeutet aber, dass in einer denkmalpädagogischen Vermittlung neben der Analyse des Objektes mindestens die Beschäftigung mit der Zielgruppe und ihren Voraussetzungen, die Klärung der eigenen Botschaft und die bewusste Entscheidung für das Medium, über das diese Botschaft erfolgversprechend kommuniziert werden soll, entscheidende Bedeutung besitzen.


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Karrikatur von Thomas Muffler (Badische Zeitung)

Wer die Rahmenbedingungen seines Publikums kennt oder klärt, dessen Sprache, Teile des beruflichen, altersbedingten oder kulturellen Hintergrundes wahr nimmt, wird eher dabei erfolgreich sein, Anknüpfungspunkte für denkmalpflegerische Inhalte aufzudecken und zu nutzen. Allerdings, und das zeigte auch die Arbeit mit den Studenten, kann der eigene Wunsch des Vermittlers, sich selbst als fundierten und umfassend informierten Kenner eines Objektes zu präsentieren und dabei in seiner Wissenschaftlichkeit zu überzeugen, leicht dabei im Wege stehen, durch die thematische Eingrenzung größere Nachhaltigkeit beim Adressaten zu erzielen und die Redundanz in der Objektkenntnis als ergiebigen Steinbruch für eine ganze Reihe von möglichen denkmalpädagogischen Angeboten zu akzeptieren. Dabei fällt auf, dass es sogar für junge Wissenschaftler, die pädagogische Bemühungen im musealen oder allgemein kulturellen Bereich kennengelernt und zum Teil auch selbst durchlaufen haben, immer noch die klassische Frontalführung die spontane erste Wahl ist, wenn es darum geht, Veranstaltungen zu denkmalpflegerischen Themen zu planen. Die Überlegung, an welche Art von kultureller Veranstaltung man selbst die deutlichsten Erinnerungen hat, bei welchen Angeboten die Verbindung von Wissensvermittlung und Erlebnis erfolgt ist, in welcher Lernatmosphäre man sich besonders wohl gefühlt hat, erweitert das Spektrum der Möglichkeiten.

Erfreulich ist, das in einzelnen Aktivitäten in der Region um Freiburg der Mehrwert im Zusammenspiel von Faktenlernen, anschaulicher Erfahrung und Erlebnis für historische Stadtkulisse an Bedeutung gewinnt.

Zum Beispiel:

Die Mephisto-Tour der Faust-Stadt Staufen


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(Quelle: time walking)

Das mittelalterliche Stadtbild Staufens am Eingang des Münstertals südlich von Freiburg wird dabei zur Bühne für ein Event mit kulturhistorischem Architektur- und Stadtbezug.

Ein professioneller Schauspieler in der Rolle des mit der Stadtgeschichte eng verwobenen Mephisto begleitet die Teilnehmergruppe durch die Stadt, verweilt an historischen Örtlichkeiten und aktuellen Umnutzungen von Denkmalen, führt in Innenhöfe und in den Rathausturm. Dabei gehört die dramatische Darstellung zum Konzept. Stadtgeschichte und historische Bausubstanz werden dem Publikum als Erlebnis vermittelt, das die Teilnehmer nicht als Beobachter außen vor lässt, sondern immer wieder einbezieht, sei es in Form einer Mitmachtheatersequenz, sei es beim Ausprobieren leiblicher Genüsse, die die Stadt bietet. "Geschichte genussvoll erleben" steht als Motto über diesem Angebot.


Zum Beispiel :

Der Nachtwächter-Rundgang in Vogtsburg-Burkheim.



Die drei Nachtwächter von Burkheim (Postkarte "Nachtwächter vor dem Tor")

Seit 2001 wird im Vogtsburger Stadtteil Burkheim die Tradition des Nachtwächters wieder belebt, die als Burkheimer Tor- und Nachtwächter auf die erstmalige Erwähnung in einer Stadtordnung aus dem Jahre 1504 zurück geht. Inzwischen sind es schon drei Nachtwächter-Protagonisten, die zwischen April und Ende Oktober mittwochs und sonntags ab 22.00 Uhr Personengruppen mit auf ihre Tour durch den historischen Ortskern nehmen.

Wie das Staufener Beispiel mehr auf das Event und weniger auf die Entschlüsselung historischer Bauwirklichkeit setzt, benutzt das zweite Beispiel des Nachtwächterrundgangs die historische Bausubstanz als Atmosphäre, in der Stadtgeschichte zum Erlebnis wird.


Wenn nun Denkmalpflege keine Trauerarbeit sein soll, sondern der Beschäftigung mit historischer Bausubstanz ein allgemeiner gesellschaftlicher Nutzen unterstellt wird, muss die Frage nach den Möglichkeiten, den Inhalten, den Kräften dieses Gegenstandes beantwortet werden.

Der Wirtschaftsfaktor Denkmalpflege wird schon seit geraumer Zeit nicht nur von den Denkmalämtern, sondern auch von mittelständischen Handwerksbetrieben in der Diskussion mit Politikern zu den Etats von Kommunen, Kreisen und Bundesländern ins Feld geführt.

Egon Johannes Greipl hat auf dem Bayerischen Ingenieurtag 2002 auf den offensichtlichen Einfluss von Qualität und Merkmalen des städtischen Umfeldes auf soziales Verhalten und sogar die Kriminalstatistik hingewiesen: "Ein organisch gewachsenes, ästhetisch erfreuliches und sorgfältig instandgehaltenes Umfeld, gewahrte Maßstäblichkeit, natürliche Materialien und maßvolle Farben, Werte eben, wie sie die Denkmalpflege vertritt, vermitteln Wohlgefühl und mildern Aggression." Es liegt auf der Hand, dass auch in diesem Sinne das Kapital "Denkmal" im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert und professionell kommuniziert werden muss.

Die Objektbeschreibung des Denkmals bezieht sich im Wesentlichen auf die Ebenen Baustruktur, Historie, Material, Restaurierung, Nutzung. Die darüber hinaus notwendige pädagogische Vermittlungsebene nutzt eine Reihe weiterer Objektressourcen. Dazu gehören besonders Möglichkeiten der sinnlichen Wahrnehmung, des Sehens, Tastens und Angreifens, des Riechens, eventuell Akustikerfahrungen, die Bewegung im Raum. Wie fühlt sich Sandstein an, welche gestalterischen Grenzen setzt Marmor, wie flexibel ist Holz einsetzbar, kann man die Spezialität eines Kasernenhofs hören, sind die Bewegungsräume in einer Villa im Repräsentations - wie im Dienstbereich gleich - diese Fragen sind am Denkmal über die eigenen Sinne nachvollziehbar und verlangen nach denkmalpädagogischen Angeboten für alle Altersgruppen, die nicht nur behaupten und mit einer Fülle historischer Fakten und Zahlen belegen, sondern am Gegenstand erfahren lassen.

Historisches Erfahrungspotenzial bietet das Denkmal im weiten Rahmen von Arbeitsprozessen über Wohnkultur und -gewohnheiten bis hin zu Machtsymbolik oder veränderter Infrastruktur. In ihrem Anderssein als das Aktuelle und Gewohnte schaffen Denkmale eine Basis für Erfahrungen, die den Umgang mit dem Anderen oder Fremden unterstützen und so zur Toleranzentwicklung beitragen. Sie liefern anschauliche Beispiele für Nachhaltigkeit, vermögen zur Erfahrung von Aura zu sensibilisieren und unterstützen Lernerfahrungen der Orientierung im gebauten Einzelobjekt sowie im städtischen Raum. Und auch Qualität und Originalität sind Begriffe, die im pädagogischen Potenzial enthalten sind.

Denkmale also sind ein pädagogisches Kapital, das noch in weiten Teilen brach liegt und für die breite Öffentlichkeit nur aus der Distanz wahrzunehmen ist. Was weiß und hält die Öffentlichkeit von Denkmalen und Denkmalpflege?

Adrian von Buttlar hat 1999 unter der Überschrift "Denkmalpflege und Öffentlichkeit" in der Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz. Bd. 61 eine demoskopische Erhebung dazu gefordert. Das Ergebnis einer nicht repräsentativen Umfrage von Studentinnen in zwei Universitätsstädten in Baden-Württemberg unterstützt diese Forderung nachdrücklich. Befragt wurden dabei im Wintersemester 2002/2003 Kunsthistoriker und andere Berufsgruppen.

Obwohl bei den Eingangsfragen danach, was denn unter den Begriff "Denkmal" zu fassen sei, historische Architektur erst nach anderem genannt wurde, geriet gerade die gebaute Umwelt in den Blick, als nach den Aufgaben eines Denkmalpflegers gefragt wurde. Vermutet wurden vor allem Erhalten und Pflegen, aber auch Informieren, Erfassen, Restaurieren, Beraten, Betreuen und sogar das Errichten neuer Denkmale als Tätigkeitsfeld des Denkmalpflegers. Eigene Erfahrungen mit der Denkmalpflege oder solche aus dem Bekanntenkreis wurden überwiegend als positiv oder mindestens neutral beschrieben. "Wie wichtig finden Sie Denkmalpflege?" lautete die Abschlussfrage dieser wie gesagt nicht repräsentativen Befragung. Bei der Auswahl zwischen den Optionen "unwichtig", "nicht so wichtig", "wichtig", "sehr wichtig" entschied sich die große Mehrheit der Kunsthistoriker und ein Drittel der anderen Befragten für "sehr wichtig". Die übrigen votierten für "wichtig".

Natürlich wäre es unredlich, aus diesem Umfrageergebnis eine Aufbruchstimmung zugunsten der Denkmalpflege abzuleiten. Vielleicht aber ist es gestattet, daran die Hoffnung zu knüpfen, dass die Grundstimmung im Thema gar nicht so schlecht ist und Chancen bietet, mit einem pädagogisch orientierten Programm den Bedürfnissen von Mensch und Gesellschaft entgegen zu kommen.


Gemeinsam mit Studierenden des Kunsthistorischen Instituts der Universität Freiburg wurde ein Programm erarbeitet, das diesem Ansatz folgt. Als Bewährungsprobe für die Überlegungen wurde der "Ernstfall" für den Tag des offenen Denkmals am 14.09.2003 ins Auge gefasst. Die besondere Herausforderung dieser Übung bestand in der Realitätsnähe der Arbeit, die den Umgang mit dem konkreten Objekt vor Ort, das Zusammenspiel von Wissenschaft und Abstimmung auf unterschiedlichen Ebenen der denkmalpflegerischen Auseinandersetzung wie Verwaltung, Kommunalpolitik, Denkmalnutzer und -eigentümer sowie die praktische Organisation von Veranstaltungen einschloss.


Der Praxisteil der Lehrveranstaltung am Kunsthistorischen Institut der Universität Freiburg bildete in Zusammenarbeit mit der für denkmalpflegerische Inhalte sehr aufgeschlossenen Stadt Vogtsburg am Kaiserstuhl und dem Landesdenkmalamt einen Veranstaltungsblock zum Tag des offenen Denkmals. Das zielgruppenorientierte denkmalpädagogische Projekt richtete sich auf vier inhaltliche Schwerpunkte im Kern des sowohl in seinem historischen Bestand eindrucksvollen wie im touristischen Sinn ästhetisch reizvollen Stadtteil Burkheim zwischen Kaiserstuhl und französischer Grenze, direkt am Rhein gelegen.

Die auf einem Sporn des hier auslaufenden Kaiserstuhlgebirges gelegene ehemalige Stadt mit Ober-, Mittel- und Unterstadt bildet durch die Abgeschlossenheit der Stadtanlage mit Stadtmauer auf der einen und einem Geländeversprung auf der anderen Seite einen idealen Rahmen für die ganztätige Veranstaltung.

Das im achten Jahrhundert erstmals erwähnte Burkheim hatte seine bedeutendste historische Phase im 16. Jahrhundert, eng verbunden mit dem Namen Lazarus von Schwendi, General und Burgvogt der Habsburger. Dieses Jahrhundert prägt bis heute das Bild der Anlage. Wein, Fischfang und Handwerk bildete die Basis für die soziale Struktur der Stadt und spiegelt sich in ihren Gebäuden.

Im Projekt bearbeitet wurden die Pfarrkirche St.Pankratius, die Schlossruine, das Rathaus und die Zehntscheune der Universität Freiburg. Diese vier Schwerpunkte betteten sich in ein umfangreiches Rahmenprogramm der Stadtverwaltung ein, die vor dem Hintergrund der Aktivitäten zum 14.September 2003 auch den Tag der offenen Tür für das jüngst fertig restaurierte Rathaus auf diesen Tag legte. So wurde der Tag des Offenen Denkmals durch die engagierte Zusammenarbeit als umfassendes Fest für den Ort Burkheim und seine Gäste konzipiert.

An der Schlossruine wurden unter dem Titel "Gesichter einer Ruine" zwei Veranstaltungen angeboten, die für die unterschiedlichen Zielgruppen a) interessierte Erwachsen und b) Kinder mit ihren Eltern angepasste Projekte anboten.




(Foto: privat)

Die Zielgruppe der interessierten Erwachsenen begegnete einem Kunsthistoriker, der außerdem über eine Ausbildung als Steinmetz verfügt. Im Eingangsgespräch wurde das Vorwissen der interessierten Gruppe eingegrenzt, um danach die Schwerpunktsetzung in der anschaulichen Vermittlung geschichtlicher Zusammenhänge oder der Erläuterung der landschaftsstrategischen Bauaufgabe zu entscheiden. An mehreren Standorten an der Ruine und im Gebäude wurden gemeinsam mit den Teilnehmern Methoden der Bauforschung, ihren beantworteten und offenen Fragen nachvollzogen. Beobachtungen am Mauerwerk, am Verlauf des Putzes, an Putzkanten, an Gewölbeansätzen öffneten den Blick einen Spalt für die Arbeit der Bauforscher. Der einzig im Kaiserstuhl gewachsene Stein, das ortsübliche Baumaterial, wurde vom Fachmann in seiner Entstehung und der Bearbeitbarkeit erklärt. Die Ruine wurde dabei ein Stück weit ihrer Romantik entzaubert. Durch das geforderte genauere Hinsehen und die angeleitete Auseinandersetzung mit dem Steinmaterial, durch das Einnehmen mehrerer ausgesuchter Standpunkte wurde die Wahrnehmung über mehrere Sinne gefördert. Historische Erfahrung und eine differenzierte Auffassung von Vergangenheit wurde speziell durch die Ausrichtung des Fokus auf die Bau- und Restaurierungsgeschichte des Denkmals vermittelt.


"Was gehört zu einer Burg?" - Kinder geben ihr Vorwissen wider

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(Foto: privat)

Naturgemäß wählte die zweite Veranstaltung für Kinder mit ihren Eltern einen eher spielerischen Zugang. Die Initialphase differenzierte zunächst den Begriff Schloss und Burg, indem Bestandteile des Bautyps erfragt und mit Straßenkreide außerhalb der Burg aufgemalt wurden. Anschließend wurde mit Hilfe einer Geschichte ein Mitmach-Theater in Szene gesetzt, bei dem sich die Kinder unter Mitwirkung ihrer Eltern die Schwendi-Zeit der Burgruine in der Rolle etwa von Wachposten, Bauern, Schlossherren aneigneten. Vor dem Eingangsportal erfuhren die Kinder wieder unter Anwendung des narrativen Prinzips von den Ereignissen im Zusammenhang mit dem Einzug von Schwendi und seiner zweiten Gemahlin Eleonore Gräfin von Zimmern in das Burkheimer Schloss. Ein kurzes Tanzstück im historischen Stil im Festsaal, ein Besuch im erhaltenen Küchenraum schloss sich an. Dabei wurde Wert darauf gelegt, mit einigen Accessoires, frischem Obst und Saft aus der Herstellung des heutigen Eigentümers die Eindrücke lebendig zu machen, Kinder bei diesem kleinen "Festmahl" zu Beteiligten am Leben im Schloss zu machen und "Erinnerungsanker" zu setzen. Mit der Einbindung der Eltern wurde der Grundstein für eine weitere Aufarbeitung des Themas und der gemachten Erfahrungen gelegt. Damit vermittelte das Projekt einen Einstieg in lebendige Geschichtserfahrung, schuf Möglichkeiten, die Aura eines historischen Gebäudes zu erfahren, vermittelte Fähigkeiten der Orientierung, forderte und förderte die Kreativität von Eltern und Kindern.


Suchspiel in der Pfarrkirche St. Pankratius

(Foto: privat)

Dem für Burkheim`s Geschichte so bedeutenden Thema "Zünfte" war ein weiteres Projekt gewidmet. "Der Zunft auf der Spur" titelte ein Suchspiel für Kinder in der Pfarrkirche St. Pankratius. Im Mittelpunkt des Geschehens stand der sogenannte "Eisheilige" Pankratius als Patron der Kirche. Die Fragen zu Kirchen- und Stadtgeschichte, angebunden an verschiedene Stationen in der Kirche, verlangten von den Besuchern genaues Beobachten und Beschreiben. Noch mehr als im Schloss-Projekt war dabei die Zusammenarbeit von Eltern und Kindern gewünscht und hilfreich. Allmählich fügten sich richtige Antworten zu einem Lösungswort zusammen, das zum Schluss mit einer Brezel (Erkennungszeichen der Handwerkerzunft) belohnt wurde. Ansprache und möglicherweise Ratschläge bei der Bewältigung des Rätsel kamen von Pankratius selbst, in dessen Rolle einer der Studierenden geschlüpft war. Schließlich wurden die Teilnehmer in die Mittelstadt entlassen, um das Zunftzeichen "Brezel" an einem weiteren prominenten Gebäude zu entdecken und damit an einem allgemeinen Gewinnspiel teilzunehmen. Differenzierte Wahrnehmung wurde in diesem Projekt ebenso angesprochen wie die Auseinandersetzung mit (kirchen)geschichtlichen Inhalten und der Historie der Burkheimer Pfarrkirche. Darüber hinaus gelang die Verbindung zwischen Pfarrkirche und Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des Ortes sowie der Verweis über die Ausstattung eines einzelnen Bauwerks hinaus auf wesentliche Bestandteile der Denkmalausstattung dieses Stadtteils. Der Stationen des Suchspiels machten das Objekt in seinen Dimensionen zugänglich. Dass Erwachsene und Kinder ihre Beobachtungen und Urteile miteinander austauschen konnten und sollten, um erfolgreich zu sein, erhöhte den Charme der denkmalpädagogischen Aufgabe.



(Foto: privat)

"Das Herz von Burkheim", das Rathaus, war wenige Tage zuvor offiziell nach intensiver Sanierungsphase eingeweiht worden und öffnete am 14. September erstmals auch als Tag der offenen Tür seine Tore für die Bürger. Um Einblick in die Sanierungsgeschichte, der Baugeschichte und das Nutzungskonzept zu geben , bot die Stadt durch den Architekten der Maßnahme Führungen zum Nutzungskonzept an. Ebenfalls gab der Sanierungsträger über eine Powerpointpräsentation Einblick in die Entwicklung der Restaurierung des Gebäudes. Für das Denkmal "Rathaus" hatten Studierende ein Projekt erarbeitet, das der Rhein- und damit Grenznähe der Stadt Vogtsburg Rechnung trug. Im Sinne der Partnerschaft Vogtsburgs mit der elsässischen Gemeinde Sigolsheim wurde eine deutsch-französische Führung angeboten, die Deutsche und Franzosen nicht als getrennte Gruppen, sondern gemeinsam in einer integrierten Veranstaltung bediente. Dieses zweisprachige Angebot zur Bau- und Restaurierungsgeschichte des Hauses basierte auf der hohen Kooperationsfähigkeit der beiden Führerinnen, die ihre Veranstaltung miteinander und aufeinander aufbauend konzipiert hatten. Die "manifestation bilingue" unterstrich die Teile der gemeinsamen Geschichte, die Burkheim mit dem Elsass verbindet und die sich um den Namen Lazarus von Schwendi rankt. Die Zielgruppe der einheimischen und elsässischen Besucher erlebten die Gemeinsamkeit ihrer Geschichte am Beispiel "Rathaus" exemplarisch. Damit ergaben sich Chancen der Förderung sozialer Bindungen und grenzüberschreitender Identitätsbildung.


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(Foto: privat)

Der Bogen zur Universität Freiburg wurde durch den vierten Themenschwerpunkt geschlagen. In der zu Wohnraum umgenutzten früheren Zehntscheune der Universität Freiburg fand eine moderierte Podiumsdiskussion zum diesjährigen Generalthema des Tages des offenen Denkmals statt, der von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz organisiert ist. "Wohnen in alten Häusern" ist in der breiten Öffentlichkeit nach wie vor mit Vorurteilen belegt: zu dunkel, schwierig zu pflegen, teuer im Heizaufwand sind Inhalte der Skepsis, mit denen sich die Denkmalpflege auseinander zu setzen hat.. Der Architekt der Zehntscheune in Burkheim, zwei Bauherren von umgenutzten Scheunen mit völlig unterschiedlichen Sanierungs- und Lebenskonzepten und der regionale Denkmalpfleger gingen gemeinsam in der authentischen Umgebung den Chancen und Herausforderungen der Umnutzung historischer Architektur zu modernem Wohnraum nach. Dabei wurden ebenso die denkmalrechtlichen Verwaltungsfragen, Grundideen wie Nachhaltigkeit und "offenes Wohnen" wie die Gefühlslagen der Bauherren während und nach der Sanierung thematisiert. Die Fragestellungen wurden so aus unterschiedlichen Richtungen beleuchtet, dass für die geladene Zielgruppe von interessierten Architekten und möglichen Bauherren die Bauaufgabe griffig und realistisch einschätzbar wurde. Inmitten der Aura einer umgenutzten Scheune erfuhren die Teilnehmer die Vielfalt der Möglichkeiten des am modernen Leben orientierten Bauens in einer Scheunenarchitektur und wurden an diesem Beispiel mit der Konkretisierung des gesellschaftlich relevanten Themas der Nachhaltigkeit und des schonenden Umgangs mit vorhandenen Ressourcen konfrontiert. Gleichzeitig forderte die Diskussion zu einer Klärung der individuellen Vorstellungen und Bedürfnisse des eigenen Wohnens heraus.

Die Tatsache, dass der diesjährige Tag des offenen Denkmals in Vogtsburg-Burkheim mit einem ganztägigen Fest begangen wurde, an dem sich unterschiedliche Bevölkerungsgruppen und nicht zuletzt die Gesamtheit der örtlichen Vereine beteiligten, hat gezeigt, dass das Denkmalthema zu einer tragenden Botschaft werden kann. Dies war auch für alle Veranstalter und Organisatoren eine Bestätigung ihrer Arbeit. Sowohl für das Image der Denkmalpflege wie für die Identitätsbildung der Vogtsburger und Burkheimer wurde so ein positives Ergebnis erreicht.